Johanna Adorján: Ciao

Amüsante Gesellschaftssatire

Liebe Petra, 

an meine Reise nach Osaka, Nara und Kyoto denke ich gerne zurück. Ein wunderschönes Land, so vielfältig. Und die Japaner sind die rücksichtsvollsten und freundlichsten Menschen, die ich je getroffen habe. Auch japanische Literatur finde ich fantastisch. Ich mag diesen ganz besonderen japanischen Stil und die oft ungewöhnlichen Themen. Das bestätigt sich wieder einmal in dem Buch, das du mir empfiehlst und ich unbedingt lesen möchte. Bereits Anfang des Jahres hattest du mir zu Recht diesen raffinierten Krimi „Verdächtige Geliebte“ von Keigo Higashino ans Herz gelegt. Und ich muss dir unbedingt noch in einem künftigen Brief von dem Roman „Die Ladenhüterin“ erzählen, den ich letzten Sommer gelesen habe.

Aber heute möchte ich dir ein anderes Buch vorstellen, dessen Handlung sozusagen direkt vor unserer Haustür spielt, in Deutschland. 

Der Roman ist, ich muss es gestehen, eher leichte Kost und ein bisschen Mainstream. Aber manchmal braucht man auch einen Easy Read, der einfach nur unterhält. Tieferen literarischen Ansprüchen werde ich dann in meinem nächsten Brief gerecht werden mit dem Buch, das ich im Moment lese. 

Meine heutige Empfehlung ist in jedem Fall amüsant und behandelt auch viele der Themen, die gerade allgegenwärtig sind wie Gendersternchen und „Das wird man doch noch sagen dürfen.“ Während über viele dieser Dinge zu Recht diskutiert wird, wage ich zu behaupten, dass häufig allzu verbissen auf Nebenschauplätzen um Unwesentliches gekämpft wird und dadurch die Energie für Wichtiges verloren geht, wie z. B. ob es sich um cultural appropriation handelt, wenn man sich Rastalocken machen lässt, ohne aus dem entsprechenden Kulturkreis zu kommen. In unserer Jugend waren die mit Rastalocken die Coolsten. Spoiler: Ich hatte natürlich keine. Aber wenn ich gerne Rastalocken hätte, dann doch nur weil ich es toll finde, also wegen cultural appreciation. Aber ich will mich da nicht reinsteigern, denn vielen dieser Debatten ist ohnehin ein die Leichtigkeit abhandengekommen. Und genau diese fehlende Leichtigkeit war für die Autorin Johanna Adorján der Anlass den Roman „Ciao“ zu schreiben.

Witzig und pointiert treffen Vertreter verschiedener Generationen in der Medienbranche aufeinander. Alle mehr oder weniger sympathisch. 

Zur „alten“ Generation gehört der Starmoderator Michi Denninger, der in den 80er- und 90er-Jahre ein ganz Großer war, dessen allerbeste Zeit schon vorbei ist und der nicht wirklich begreift, weshalb seine Witze 2021 nicht mehr zünden, sondern eher als sexistisch betrachtet werden. 

Dann ist da Hans Benedek, Kulturkritiker in der Berliner Zeitung „Die Zeit“, der vermeintlich die „neuen“ Zeiten verstanden hat und auch brav seine Gendersternchen macht, wo sie hingehören, sich dann aber doch wundert, dass man es ihm nicht zutraut, ohne weibliche Unterstützung ein Porträt der Social-Media-Aktivistin und Influencerin Xandi Lochner zu schreiben. 

Xandi Lochner ist zu Besuch in Denningers Show „Ois Bonanza“, die inzwischen nur noch gestreamt wird. Und während der Moderator glaubt, dass ihre Anwesenheit ihm zu neuem Ruhm verhelfen kann, hat Xandi sich gut vorbereitet, ihn als „alten weißen Mann“ vorzuführen. 

Benedek der im Rahmen des Porträts als Zuschauer dem Ganzen folgt, kann kaum glauben, dass Michi Denninger nicht merkt, wie dieser Xandi Lochner geradezu ins Messer läuft.

Da er sich selbst auf der „richtigen“ Seite wähnt, erkennt Benedek nicht, dass Xandi auch ihn geradewegs in den ersten Shitstorm seines Lebens führen wird. 

Johanna Adorjan nimmt in diesem Roman keine bestimmte Haltung ein. Sie steht nicht auf der einen oder anderen Seite und versucht auch keine Lösungen zu finden. Ginge das überhaupt? Man kann sich mit keiner der Figuren komplett identifizieren und doch ein bisschen mit jeder. Wobei ich glaube, dass das Buch stärker unsere Generation anspricht. Die Autorin ist etwa in unserem Alter und hatte bestimmt bei der Beschreibung von Figuren wie Michi Denninger sicherlich Moderatoren vor Augen, die auch wir damals klasse fanden, deren Humor inzwischen aber definitiv aus der Zeit gefallen wäre.

Wenn du also einen unterhaltsamen Nachmittag (länger brauchst du für das Buch sicher nicht) verbringen willst und einen Roman zu den Hot Topics unserer Zeit lesen will, kann ich dir diesen sehr empfehlen.

Ich bin schon gespannt, was du mir als neue Lektüre vorschlägst und werde bis dahin in meinem 900-Seiten Roman weiterlesen. 

Un abbraccio e tanti saluti dal Veneto!

Deine Uli

*AFFILIATE LINK. Über den Link oben kannst du das Buch gerne bestellen. Wir bekommen dann eine kleine Provision, dir entstehen dadurch aber keinerlei Mehrkosten.

INFOS ZUM BUCH

Titel: Ciao
Autorin: Johanna Adorján
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Erschienen: 08.07.2021

ISBN:   978-3462001716

Umfang:272 Seiten

Preis: 20,00 Euro (HC), 16,99 Euro (E-reader)

Hinweis: „Ciao“ wurde mir umsonst von netgalley.de und Kiepenheuer & Witsch zur Verfügung gestellt.

Möchtest du noch mehr Rezensionen lesen? Schau auch zu unseren Kurz-Rezensionen.

Dort findest du auch diese Rezension:

Ein bisschen gesünder essen, ein bisschen nachhaltiger leben, nicht so viel Food-Waste produzieren, das wollen wir ja eigentlich alle…

Wenn du mehr lesen willst, klicke auf das Buch links.

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