Erleben: Triest – Auf den Spuren von Svevo, Saba und Joyce

Lange schon wollte ich Triest, Hauptstadt der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien einen Besuch abstatten. Lange bedeutet in diesem Fall gut 30 Jahre. Anfang der 90er nämlich wurde ich durch ein Proseminar zu Italo Svevo auf diese mediterrane Stadt ganz im Nordosten Italiens aufmerksam.

Meine Liebe zu Triest begann also mit der Literatur, mit La coscienza di Zeno, Una Vita und Corto viaggio sentimentale. Aron Hector Schmitz, wie der 1861 geborene Schriftsteller im wahren Leben hieß, träumte zeitlebens davon als Schriftsteller erfolgreich zu sein. Dem Schreiben konnte er sich jedoch nur in seiner Freizeit widmen, hauptberuflich war er zunächst in der Firma seines Vaters und später in der Triester Filiale der Wiener Unionbank tätig. Warum er sich den Künstlername Italo Svevo, italienischer Schwabe gab, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Aber als Italien glühend verehrende Schwäbin, betrachtete ich die Namenswahl als Zeichen, dass Italo Svevo fortan mein Lieblingsschriftsteller sein sollte. Vielleicht ist er inzwischen nicht mehr mein unangefochtenere Lieblingsautor und ganz so glühend verehre ich Italien auch nicht mehr seit ich dort lebe und auch ein, zwei Dinge bemerkt habe, die nicht ganz so rund laufen im Bel Paese. Und doch ist Svevo noch immer ein Autor, den ich immer wieder gerne lesen und die Schönheit von Bella Italia ist auch unbestritten.

Was Literatur und große Autoren betrifft, so hat Triest so einiges vorzuweisen. So verbrachte der berühmte Schriftsteller James Joyce dort einige Zeit und verdiente sich unter anderem als Englischlehrer seinen Lebensunterhalt. Auch er brauchte einen Brotjob, um sich sein Schreiben finanzieren zu können. Und wen unterrichtete er unter anderem? Genau, Italo Svevo. Joyce gefiel das Leben in dieser mediterranen Stadt am Meer wohl sehr, immerhin verbrachte er den großen Teil seiner jungen Jahre dort von 1904 bis 1920. In dieser Zeit verfasste er seine frühen Werke Chamber Music, Dubliners, Portrait, Exiles und Giacomo Joyce und er begann dort auch mit dem von mir oft begonnenen und nie zu Ende gelesenen Ulysses.

Bereits auf dem Weg nach Triest konnte ich verstehen, welchen Reiz Triest für Künstler wie Joyce oder auch Rilke, der dort seine Duineser Elegien schrieb, gehabt haben musste.

Um ins Stadtzentrum zu gelangen, fährt man eine ganze Weile am Meer entlang. Ich weiß nicht, ob wir einfach nur Glück hatten, aber mehr als einmal rief ich entzückt aus: „Sieh dir das Blau an! Hast du schon einmal so ein Blau gesehen?“

Vielleicht war ich nicht die erste, die das ausrief. Vielleicht baute Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich, Bruder von Kaiser Franz Josef I, das Schloss Miramare, 5 km nordöstlich von Triest für seine Gattin Charlotte von Belgien, weil diese ebenso entzückt wie ich vom adriatischen Blau war. Ich würde sagen, da hatte mein Mann gerade nochmal Glück gehabt, dass an dieser Stelle schon ein Schloss stand.

Schloss Miramare ist aber nicht, das einzige Zeugnis österreichischen Einflusses auf die Architektur des Stadt. Auch im Zentrum erkennt man, dass die etwa 500 Jahre habsburgisch-österreichischer Herrschaft (1382-1919) nicht gänzlich spurlos an der Stadt vorbeigegangen sind, so dass man sich bei einem Spaziergang durch die Stadt eher an Wien, Prag oder Budapest erinnert fühlt, nur halt mit Meer.

… nur halt am Meer

Bevor man sich in den Gassen der Fußgängerzone treiben lässt und in einem Wiener Kaffeehaus oder doch lieber einer italienischen Bar eine Melange oder einen Caffè trinkt, sollte man noch eine kleine Wanderung auf den kapitolischen Hügel zur romanischen Kathedrale San Giusto, dem Wahrzeichen der Stadt, einplanen, und zwar nicht nur wegen des herrlichen Blicks auf die Stadt von hier oben.

Zum Abschluss noch ein großer Schriftsteller und Sohn Triests: Umberto Saba

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