
Geheimtipp mit zwei Weltkulturerbestätten
Ein bisschen verwundert es mich jedes Mal, wenn ich nach Padua fahre, dass diese herrliche Stadt in Deutschland noch immer den Status eines Geheimtipps hat. Und dabei mangelt es dem Veneto nicht an deutschen Touristen. Doch irgendwie schaffen die es nur bis zum Gardasee, nach Venedig und an die Adria.
Verblüffend, wenn man bedenkt, dass Padua gleich zwei Weltkulturerbestätten vorweisen kann. Den Orto Botanico (botanischen Garten) seit 1997 und seit 2021 auch die Fresken aus dem 14. Jahrhundert, gemalt zwischen 1302 und 1397, allen voran die von Giotto in der Capella degli Scrovegni.
DIE STADT DER DREI OHNES (LA CITTÀ DEI TRE SENZA)
Die meisten Städte rühmen sich der Dinge, die sie besonders auszeichnen, und die göttliche Zahl Drei ist da bekanntlich häufig das Maß aller Dinge. Man denke an Bologna, eine ebenso zu Unrecht all zu oft übersehene Stadt, die die drei Beinamen la grassa, la dotta, la rossa trägt. Zu Deutsch die Fette, die Gelehrte, die Rote Bezug nehmend auf das köstliche Essen, die erste Universität Europas und die roten Fassaden der Gebäude. Bei letzterem ist man sich nicht so ganz einig. Es könnte sich auch auf die ehemalige kommunistische Ausrichtung der Stadt beziehen.
An die göttliche Drei hält sich auch Padua.Doch hervortut sich die Stadt durch ein dreifaches Nichtvorhandensein. Es fehlen Gras, ein Name und Türen:
1. PRATO DELLA VALLE – IL PRATO SENZA ERBA (PLATZ OHNE GRAS)

Mit seinen knapp 90 000 qm ist Prato della Valle einer der größten Plätze Europas. In der Mitte des elliptischen Platzes befindet sich eine Wiese (prato), die Isola Memmia. Umgeben ist der Platz von einem Kanal, an dem ursprünglich 88 Statuen aufgestellt waren. Heute sind es nur noch 78. Doch die 10 fehlenden Statuen sind nicht das „Ohne“ von Prato della Valle. Übersetzt bedeutet „Prato senza erba“: Platz ohne Gras. Das ist dann doch etwas überraschend, denn um die riesige Rasenfläche zu bemerken, muss man kein genauer Beobachter sein. In seiner ursprünglichen Form war auf dem Platz allerdings keine Wiese, sondern er war gepflastert und wurde (wie im Übrigen auch heute) als Marktplatz genutzt.
2. LA CHIESA DEL SANTO – IL SANTO SENZA NOME (DER HEILIGE OHNE NAMEN0

Beim Santo Senza Nome, dem Heiligen ohne Name, handelt es sich um den Heiligen Antonio von Padova. Der aus Lissabon stammende Franziskaner gilt als einer der beliebtesten katholischen Heiligen. Die Paduaner lieben ihren Antonio so sehr, dass sie ihn einfach nur Il Santo, der Heilige, nennen und auch seine Kirche, wird für gewöhnlich schlicht als „Chiesa del Santo„, Kirche des Heiligen bezeichnet.
Einen Besuch in diesem prächtigen Gotteshaus sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Ganz besonders hervorzuheben ist natürlich das Grab des Heiligen, das Gläubige berühren, um eine Verbindung zu ihrem Santo herzustellen, sowie die zahlreichen Kreuzgänge.




3. CAFFÈ PEDROCCHI – IL CAFFÈ SENZA PORTE (CAFÉ OHNE TÜREN0

Eine Institution in Padua ist das Caffè Pedrocchi. Im 19. Jahrhundert war es das Stammlokal vieler Intektueller, die sich jederzeit im Café treffen konnten. Bis 1916 war es nämlich Tag und Nacht geöffnet, daher der Name „Caffè senza porte“: Café ohne Türen. Auch heute ist das Pedrocchi ein äußerst beliebtes Café, auch wenn es seine Pforten inzwischen um Mitternacht schließt.
LAUTER KLUGE LEUTE
Auch Padua könnte sich ohne weiteres den Beinamen la dotta, die Gelehrte, geben, immerhin ist die Universität von Padua die zweitälteste Italiens, gleich nach dem oben erwähnten Bologna. Sie wurde 1222 gegründet. Zu Beginn des 16. Jahrhundert zog sie in den Gebäudekomplex, in dem wir sie heute finden, den Palazzo del Bo.
Die heiligsten ihrer Hallen kann man allerdings nur im Rahmen einer Führung besuchen.
Galileo Galilei und noch mehr kluge Männer

Im Sala dei Quaranta (Saal der Vierzig) ist das Pult, von dem aus Galileo in der Aula magna unterrichtete, zu sehen. Seine Vorträge waren bei den Studenten so beliebt, dass er sie im größten Saal der Universität halten musste. Seinen Namen verdankt der Sala dei Quaranta den 40 Porträts berühmter ausländischer Studenten, die dort ausgestellt sind.



Die erste Frau mit Universitätsabschluss
Doch nicht nur kluge Männer besuchten die Universität von Padua. Auch die erste Frau der Welt, die jemals einen Universitätsabschluss erhielt, ist eine Studentin der Universität Padua: Elena Lucrezia Cornaro Piscopia. Ihren Abschluss erhielt sie 1678 in Philosophie.

Das kleinste Highlight der Welt
Dieser Titel wurde dem Teatro Anatomico von meiner Freundin Michaela verliehen. Das liegt nicht daran, dass das Teatro Anatomico, das der Anatomieprofessor Gerolamo Fabrici d’Acquapendente 1594 erbauen ließ und das heute der älteste erhaltene Anatomiesaal ist, so unglaublich klein ist. Ganz im Gegenteil, vermute ich. Zumindest wirkt es auf dem Modell recht groß und imposant.

Der Wunsch dieses wunderbare Bauwerk auch weiterhin zu erhalten, hat allerdings zur Folge, dass man nur einen ganz kleinen Ausschnitt des Anatomiesaals sehen kann. Man betritt sozusagen die Kellerluke, die sich unter dem Seziertisch befindet und kann von dort einen doch recht kleinen Blick auf die Reihen erhaschen, in denen die Studenten ab dem 16. Jahrhundert der Leichensezierung beiwohnten.

Also, wie von Michaela so schön zusammengefasst, ein Highlight allemal, aber doch ein recht kleines.
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